Termine im November 2013

Auch für den November haben wir ein paar Termine ausgewählt, die wir Euch an dieser Stelle empfehlen wollen.

Wie bereits angekündigt wird es am 2. November eine Demonstration anlässlich der Selbstentlarvung des NSU geben:

NSU-Terror: Nazis und Staat Hand in Hand – Das Problem heißt Rassismus!    

Demo am 02. November 2013, 12 Uhr, Platz der Luftbrücke (Tempelhof) bis Brandenburger Tor.

Eine Neonazi-Gruppe und ihr Unterstützer_innenkreis konnte 13 Jahre lang unbehelligt in ganz Deutschland Unzählige durch Bombenanschläge verletzen und mindestens zehn Menschen ermorden. In dieser Zeit finanzierten sie sich u.a. durch Banküberfälle sowie durch Spenden von staatlich finanzierten V-Männern und -Frauen.

Zwei Jahre nach dem Bekanntwerden der NSU-Hinrichtungen ziehen wir Bilanz: Die Chronik des gesamten Ermittlungsverfahrens der letzten 15 Jahre offenbart, wie Spuren zu den eigentlichen Täter_innen systematisch missachtet wurden. Die Ermittlungen staatlicher Behörden richteten sich stattdessen gegen die Ermordeten und deren Angehörige. Aktenvernichtungsskandale, verschleiernde NSU-Debatte im Berliner Innenausschuss, unhinterfragte Wahrnehmung des NSU als Trio, lügende Beamt_innen vor Untersuchungsausschüssen und vieles mehr, zeigen, dass es von Seiten des Staates keinen Aufklärungswillen gibt.

Ob und wie die Beschlussempfehlungen des Untersuchungsausschusses umgesetzt werden, bleibt unklar. Sicher ist aber eines: Unverbindliche Empfehlungen reichen nicht aus, um Deutschlands massives Rassismusproblem zu bekämpfen. Die Behörden gestehen Fehlverhalten und Versäumnisse einzelner Mitarbeiter_innen ein. Fakt ist aber, dass nicht ausschließlich Versäumnisse und Fehlverhalten die Untersuchungen behinderten, sondern die Ermittlungen von rassistischen Denkmustern bestimmt waren.

Der NSU-Skandal verdeutlicht: Es sind nicht die neonazistischen Mörder_innen allein, die rassistisch handeln – institutioneller und struktureller Rassismus sind Alltag in Deutschland. People of Color, Schwarze, Menschen mit Migrations- und Kolonialgeschichte, Geflüchtete und Illegalisierte sind immer wieder rassistischer Willkür durch Behörden ausgesetzt. Von deutschen Behörden mitgetragener Rassismus tötet nicht nur an den Tatorten des NSU, nicht nur in Polizeistationen wie in Dessau, nicht nur in Lagern und Abschiebegefängnissen, sondern auch täglich an den Außengrenzen der EU und überall dort, wo Waffen made in Germany ein lukratives Geschäft sind.

Kommt deshalb mit uns auf die Straße! Organisiert den antirassistischen Widerstand! Tragen wir unseren Protest, unsere Wut und Trauer gemeinsam in die Öffentlichkeit, um gegen den staatlich organisierten und gesellschaftlich getragenen Terror zu kämpfen! Rassismus in Deutschland wird ignoriert, gedeckt und verschwiegen – wir schweigen nicht!

Rassismus tötet! – Deshalb fordern wir:Lückenlose Aufdeckung der Verstrickung staatlicher Institutionen mit dem NSU Netzwerk!Abschaffung aller Geheimdienste!Einrichtung eines unabhängigen Kontrollgremiums zur Bekämpfung von Rassismus in staatlichen Institutionen! Abschiebungen stoppen, Bleiberecht für alle und Abschaffung aller Lager!Abschaffung aller rassistischen Sondergesetze!Racial Profiling stoppen!

Unser Mitgefühl und unsere Solidarität gelten den vom NSU Ermordeten und ihren Angehörigen, sowie allen anderen Opfern rassistischer Gewalt. Wir solidarisieren uns mit allen Geflüchteten und stellen uns aktiv gegen die rassistische und inhumane Asylpolitik! Wir solidarisieren uns mit allen, die sich gegen diese gesellschaftlichen Verhältnisse zur Wehr setzen!

Wir gehen auf die Straße für eine solidarische Gesellschaft ohne Rassismus und Ausbeutung!

Am selben Tag findet auch der Tag der Regional- und Heimatgeschichte an der Alice-Salomon-Hochschule mit dem Schwerpunkt Marzahn-Hellersdorf im Dritten Reich statt.

Dabei versuchen die Historiker einzelne Aspekte genauer herauszuarbeiten. Ein Beispiel ist der Vortrag des Mahlsdorfer Heimathistorikers Manfred Teresiak zum politischen Widerstand im Bezirk. Teresiak hat die unterschiedlichen Widerstandsgruppen aus den Akten der Gestapo rekonstruiert. Diese rekrutierten sich in Biesdorf, Kaulsdorf und Mahlsdorf neben den Sozialdemokraten vor allem aus den Reihen der Kommunisten. Hauptformen des politischen Widerstandes waren, wie auch sonst im Dritten Reich, das Schreiben von Parolen und das Verteilen von Flugblättern.

Quelle

Tags zuvor bereits, am 1. November, referiert Volkmar Schneider "zur Geschichte der Euthanasie im Wuhlgarten". Solange dabei nicht der Versuch unternommen wird, die Rolle kirchlicher Institutionen bei der Ermordung von Psychiatrisierten zum Hort des Widerstands zu deuten, ist der Veranstaltungsort die richtige Wahl. Die Affirmation des Euphemismus Euthanasie ist es nicht.

Am 6. November gibt es im Audimax der Alice-Salomon-Hochschule ab 18 Uhr den "Film Blut Muss Fliessen" - Undercover unter Nazis über die deutsche Rechtsrock-Szene zu sehen.

Unter Lebensgefahr hat der Journalist Thomas Kuban über Jahre hinweg Konzerte mit versteckter Kamera gefilmt und weitere Veranstaltungen dokumentiert. Getarnt als brauner Kamerad gewann er das Vertrauen von Szenegrößen und sammelte Beweise über die Nazi-Strukturen in Deutschland und darüber hinaus.

Was eigentlich Aufgabe des Staates, der Polizei, des Verfassungsschutzes ist, leistete ein Einzelner - für uns alle. Die Ergebnisse schockieren: Mit Konzerten, CDs und Devotionalien werden Millionen umgesetzt und Jugendliche für die Nazi-Szene geworben.

Ein Film, der unter die Haut geht, ein Buch, das man gelesen haben sollte. Thomas Kuban und Regisseur Ohlendorf zeigen, was wirklich los ist im braunen Sumpf.

Zum 75. Jahrestag der Reichspogromnach am 9. November gab und gibt es Veranstaltungen im Rahmen der jährlichen Gedenkkundgebung und antifaschistischen Demonstration in Moabit.

Kein Vergessen! Kein Vergeben! Antisemitismus bekämpfen!

Die Gewalt der Novemberpogrome vom 7. - 13. November 1938 fand am 9. November ihren vorläufigen Höhepunkt. Überall in Deutschland und Österreich brannten die Synagogen, jüdische Geschäfte und Wohnungen wurden überfallen, demoliert und geplündert, Jüd_innen wurden von den Nazis gedemütigt und geschlagen, vergewaltigt und ermordet. Etwa 30.000 Männer wurden verhaftet und in die Konzentrationslager Buchenwald, Dachau und Sachsenhausen verschleppt. Der NS-Antisemitismus wurde nach den Novemberpogromen immer gewalttäiger und gipfelte letztlich in dem Versuch, alle Jüd_innen Europas gezielt und umfassend zu ermorden. Bis 1945 hatten die Nazis sechs Millionen Jüd_innen ermordet.

In diesem Jahr jähren sich die Novemberpogrome zum 75. Mal. Mit unserer Veranstaltung wollen wir an die jüdischen Opfer der Pogrome erinnern und gegen Neofaschismus, Antisemitismus und Rassismus eintreten.

Dem Gedenken an die deutschen NS-Verbrechen auch weiterhin Gehört zu verschaffen sowie Konsequenzen daraus einzuforderrn, bleibt die wichtigste Aufgabe für alle Antifaschist_innen. Der ehemalige Vizepräsident des Internationalen Buchenwald-Komitees, Emil Carlebach, brachte es anlässlich der Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der Befreiung auf den Punkt:

"Zu Frieden und Freiheit aber gehört auch die Tradition des Kampfes gegen den Faschismus, gegen Antisemitismus und Herrenmenschentum. In diesem Kampfe waren wir vereint, in diesem Kampfe bleiben wir vereint."

In diesem Sinne hoffen wir möglichst viele von Euch am 9. November auf der Gedenkdemonstration in Moabit zu sehen.

Antifaschistische Initiative Moabit

9. November, 17 Uhr, Mahnmal Levetzowstraße

Zu guter Letzt: Interessant liest sich das Programm der Konferenz "Eine Erinnerung an die Zukunft", die vom 29. November bis zum 1. Dezember an der Humboldt-Universität zu Berlin stattfindet. Hier aber nur die Selbstverortung:

Die spätkapitalistische Gesellschaft zeitigt Gedächtnislosigkeit. Mit dem Vergehen der Vergangenheit verschwindet das Bewusstsein von der Fortdauer des Archaischen in der Moderne. Es waren unter anderem Max Horkheimer, Theodor W. Adorno und Walter Benjamin, die im bürgerlichen Zeitalter die Erfahrung der Kontinuität von Herrschaft, Mythos und Unfreiheit unter veränderten Bedingungen zum Ausdruck brachten. Die Dialektik der Aufklärung, das Potential ihres Umschlages in Barbarei, hat sich in den Verbrechen des 20. Jahrhunderts manifestiert – und doch blieb die Veränderung der Gesellschaft im Ganzen aus. Die Resistenz gegen diese Erfahrung lässt sich im Bewusstsein allein nicht korrigieren. Dieser Mangel könnte durch die Kritik seiner gesellschaftlichen Genese erfahrbar gemacht werden und den blinden Fleck des Subjekts zum bewussten Gegensatz, der Erkenntnis der eigenen gesellschaftlichen Bedingungen, verwandeln. Die Psychoanalyse ist zu solcher Reflexion unverzichtbar.

Im Schwinden der materiellen Basis der Subjekte und der sich ausweitenden Unmöglichkeit ihrer Selbsterhaltung, sowie der Tendenz des Kapitals, die eigenen Voraussetzungen, die Quellen des Reichtums, die lebendige Arbeit wie den Naturstoff, zu vernichten, flüchten sich die Individuen zum Staat, zum Souverän. Im Bestreben nach grundlegender Existenzsicherung geht die Verwaltung des Körpers bis zu seiner Opferung an den Nationalstaat über. Selbsterhaltung in ihren instrumentell-rationalen Formen gleicht sich dem puren Wahnsinn an, weil die Formen, in denen sie sich zu realisieren versucht, selbst erodieren.

Auf dem Weltmarkt werden Frauen, Lesben und Transgender weiterhin doppelt ausgebeutet und stellen einen großen Teil der »working poor«. Unter den Bedingungen postkolonialer Staatlichkeit sind Individuen im Globalen Süden davon verstärkt betroffen. Statt aber zur allgemeinen Emanzipation von Staat und den kapitalistischen Produktionsverhältnissen beigetragen zu haben, wurden feministische Bewegungen in die bestehende Ordnung integriert.

Die Kulturindustrie organisiert die Integration der atomisierten Individuen. Als »Mittel der Fesselung des Bewußtseins« (Theodor W. Adorno) nimmt sie die Subjekte bis in deren letzte Triebregungen eisern in Regie. Der permanente Strom der physischen Reize zementiert den Schein absoluter Gegenwart. Gedächtnis- und wunschlos ist die Geschichte erstarrt. Im Gegensatz dazu ist die Erinnerung an die Zukunft der Versuch, den Erfahrungsgehalt materialistischer und dialektischer Kritik zu entfalten.

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